Applaus und Anerkennung bei der Abschlussfeier für die HandwerkselitePraktischer Leistungswettbewerb 2019
Die besten Gesellinnen und Gesellen sind in der Abschlussfeier zum Leistungswettbewerb (PLW) geehrt worden. Im neuen HWK-Berufsbildungszentrum übergaben Kammerpräsident Rudi Müller und Hauptgeschäftsführer Axel Bettendorf die Urkunden vor rund 150 Gästen. Die regionale Handwerksjugend hatte ordentlich abgeräumt: 14 Goldmedaillen, neun Mal Silber und drei Mal Bronze holten die besten Gesellen auf Landesebene. Auf Bundesebene konnten sich zwei erste, drei zweite und zwei dritte Bundessieger gegen die Konkurrenz durchsetzen.
Beim Leistungswettbewerb die Nase vorn
Im Finale zum Leistungswettbewerb des Handwerks war Philipp Daus aus Wittlich gegen die besten Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker aus verschiedenen Bundesländern angetreten. Beim Bundesentscheid in Frankfurt hatten die Konkurrenten zwei Tage lang Zeit, um die Wettkampfaufgabe zu lösen: Nach einer zeichnerischen Vorlage mussten sie den Ausschnitt eines Unterfahrschutzes am Heck eines LKW anfertigen. Philipp war damit zwei Stunden früher als seine Konkurrenten fertig. Nicht nur das: Für seine Leistung erhielt der 20-Jährige die höchste Bewertung und kam als bundesweit Bester seines Faches auf das oberste Siegertreppchen.
Einfach machen!
Nervös sei er im Wettkampf nicht gewesen: „Ich bin eher ein ruhiger Typ und habe gute Nerven. Und wenn ich mir etwas vorgenommen habe, ziehe ich es durch. Einfach machen!“ Am vorangegangenen Landesentscheid hatte Philipp mit seinem Gesellenstück teilgenommen, „dem Ausschnitt eines LKW-Aufbaus mit Staukiste unter der Ladefläche“, wie er fachmännisch erklärt. Laien dürfen sich das so vorstellen: Philipp baut bei seiner Arbeit im MAN Modification Center in Wittlich LKWs nach den Wünschen von Kunden um. Bei der Gesellenprüfung musste Philipp einen fiktiven Kundenauftrag erfüllen. Die Aufgabe: den linken hinteren Ausschnitt eines LKW-Pritschenaufbaus inklusive Unterfahrschutz mit Rückleuchte und einer ausziehbaren Staukiste unter der Ladefläche anfertigen. Die Zeichnungen gaben alle Maße, Werkstoffe und Fügetechniken vor.
Als Kind schon viel gebastelt
„Ich war als Kind viel an der frischen Luft und immer irgendwo am Schrauben“, erzählt der talentierte Nachwuchshandwerker. „Mein Vater ist im GALA-Bau und der Straßenreinigung tätig, mein Großvater in der Landwirtschaft – da gab’s immer was herumzubasteln. Der Werkunterricht mit Holz in der Schule gefiel mir auch gut. Zumal ich das Gefühl hatte, dass es mir leichter von der Hand ging als meinen Mitschülern."
Auch heute noch arbeitet Philipp im Betrieb manchmal mit Holz – beispielsweise wenn er mit seinem Team den Innenraum eines LKWs mit einer Küche ausstattet –, aber überwiegend mit Metall und Kunststoff. „Mit verschiedenen Materialien zu arbeiten, ist eine Abwechslung“, findet er. Seine Aufgaben klingen aber auch nicht nach Routine. Im Gegenteil – die Sonderumbauten, an denen der junge Geselle mitarbeitet, sind spannend: Dächer tiefersetzen, einen Vierachser zum Fünfachser umbauen, Fahrerhäuser verlängern, Mannschaftskabinen auf das Fahrerhaus aufbauen, LKWs zu Feuerwehrwagen oder für den Einsatz beim Technischen Hilfswerk umrüsten – inklusive Blaulicht auf dem Dach.
Auch privat leidenschaftlicher Handwerker
Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Wittlich ist Philipp schon in einem LKW mitgefahren, der im MAN Truck Modification Center vor seiner Zeit umgebaut wurde. „Manchmal entdecke ich auf den Straßen in der Region auch Fahrzeuge, an denen ich mitgearbeitet habe“, sagt Philipp. „Das macht mich dann stolz.“ Die meisten sieht er allerdings nicht wieder, denn der Betrieb erhält Aufträge aus der ganzen Welt bis hin nach Australien. Privat setzt Deutschlands bester Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker auch schon mal ein ausgefallenes Projekt für sich selbst um. So hat er bereits einen Bauwagen umgebaut und ein ausgedientes 10.000-Liter-Weinfass zum Pool umfunktioniert. Derzeit hat er einen VW-Transporter in Arbeit, den er zum Campingbus umbaut. So ruhig und heimatverbunden der Eifeler ist: In ihm steckt auch ein Abenteurer. Wenn der Campingbus fertig ist, will Philipp, der einen Tauschschein hat, damit auf Tour gehen. „Irgendwohin, einfach losfahren. Vielleicht ans Meer oder in die Berge.“ Auch beruflich will er weiterkommen – und schon bald seinen Meister machen. Ein Interview mit Philipp findet sich auf dem YouTube-Kanal der Handwerkskammer Trier.
Handwerk schon in der Kindheit
Wie viele Eifelkinder wuchs Lena Lamberty aus Wallersheim mit Handwerk auf: der Vater und Großvater Schreinermeister, der Onkel Kälte- und Elektroanlagenbauer. In der elterlichen Schreinerei ein Schränkchen bauen, ihren Vater zu Kunden begleiten – das gehörte schon früh zu Lenas Welt. Kunst, Physik und Chemie gehörten in der Realschule zu ihren Lieblingsfächern.
Auf dem Siegertreppchen ganz oben
Nach der mittleren Reife kam ihr ein Bürojob erst gar nicht in den Sinn. „Nach der Besichtigung eines Zahntechnikerlabors wurde mir klar: Das ist ein spannender Beruf. Das will ich machen!“, sagt die 20-Jährige. Sie fand eine Praktikumsstelle bei der Zahntechnik Steffes & Jung GmbH in Gerolstein und ließ sich danach dort ausbilden. Heute ist Lena Gesellin, sogar die beste ihres Jahrgangs! Beim bundesweiten Leistungswettbewerb im Handwerk konnte sie mit ihrem Gesellenstück die gesamte Konkurrenz ausstechen. Teilnehmen durften Handwerker, die im vorangegangenen Ausbildungsjahr als Landesbeste bestanden hatten.
Liebe zum Beruf
Nach dreieinhalbjähriger Lehre wurde Lena von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen. Jetzt fertigt sie dort in der Edelmetallabteilung unter anderem Kronen und Brücken für die Patienten unterschiedlicher Zahnarztpraxen in ganz Deutschland an. Was ihr daran am meisten gefällt? „Die Abwechslung und Materialvielfalt“, sagt Lena. Moderner Zahnersatz wird aus Kunststoff, Keramik und Edelmetall hergestellt. Vom Implantat für einen einzelnen Zahn bis hin zum vollständigen künstlichen Gebiss kann Lena jeden Zahnersatz herstellen.
Arbeit am PC und per Hand
Gewandelt haben sich nicht nur die Materialien und die Möglichkeiten, Zähne zu ersetzen, sondern auch das Berufsbild. Ins Zahntechnikerhandwerk ist die Digitalisierung längst eingezogen. So stellt Lena den Zahnersatz nicht ausschließlich von Hand her, sondern auch am PC. Das Programm simuliert die fertige Prothese im Einsatz, inklusive Kieferbewegungen. Anschließend produziert eine computergesteuerte Fräse den Zahnersatz, den Lena wiederum mit einem Feinschliff per Hand vollendet.
Herausforderungen "schwierige Kiefer" & Co.
Die Herausforderung, die einzelnen Teile nach dem Abdruck des Patienten passgenau anzufertigen, findet die junge Frau besonders reizvoll. „Am Ende muss der Zahnersatz ja 1 A sitzen“, sagt Lena. „Ob ich Zahnersatz aber eher rund oder spitz gestalte, kann ich meistens selbst entscheiden. Ein Blick auf die Nachbarzähne ist dabei sehr hilfreich.“ Manchmal habe sie es mit „ganz schwierigen Kiefern“ zu tun, sagt sie und lacht. „Dann muss ich schon mal zaubern. Schließlich soll Zahnersatz ja funktionieren und zugleich gut aussehen.“ Diese Herausforderung schätzt die junge Frau ebenso wie die tägliche Abwechslung: „Jeder Zahnersatz ist anders.“ Passgenaues Arbeiten liegt Lena. Schon als Kind mochte sie präzise Bastelarbeiten, etwa das saubere Ausschneiden von Papier. „Geduld und Feinmotorik sind wichtige Voraussetzungen für diesen Beruf“, sagt sie.
"Wir sind sehr stolz!"
Anspruchsvoll war auch ihr Gesellenstück, das sie beim Leistungswettbewerb eingereicht hatte. „Der Bundessieg kam holterdiepolter. Ich war ziemlich überrascht, als mein Chef mir mitteilte, dass ich den ersten Preis bekomme. Schon krass!“, erinnert sich Lena, die sich selbst als humorvoll und in der Heimat verwurzelt beschreibt. In ihrer Freizeit halten sie zwei eigene Westernpferde auf Trab. Ausbilder und Geschäftsführer Daniel Steffes freut sich mit Lena über den Bundessieg: „Wir sind sehr stolz, dass sie das geschafft hat und froh, dass wir ihr Talent fördern konnten.“ Großen Anteil an Lenas Erfolg hat auch Steffes‘ Geschäftspartner, Hans-Peter Jung. Geschäftsführer Jung verstarb kurz vor der Ehrung der Bundessieger und konnte die Feier in Wiesbaden daher nicht mehr miterleben. Später will Lena so gut wie ihre Ausbilder werden und ihren Meister machen: „Dann kann ich eines Tages unter anderem auch selbst ausbilden und mein Know-how an den Nachwuchs weitergeben.“
"Auf jeden Fall ein künstlerisch-kreatives Handwerk!"
Kreativ und handwerklich begabt war Michelle Reitz schon immer. In der Realschule liebte sie den Kunstunterricht. Ihrer alleinerziehenden Mutter half sie gerne dabei, Schränke und andere Möbel im Haushalt aufzubauen. „Nach der Schule kam für mich nur ein künstlerisch-kreatives Handwerk in Frage. Ich musste nur noch herausfinden, welches zu mir passt“, sagt die 21-Jährige. Die Berufsorientierungsphase überbrückte sie mit einem Freiweilligen Sozialen Jahr im Kindergarten Heiligkreuz. Dort hat sie mit den Kindern auch gerne gemalt und gebastelt.
Die Liebe zum Glas
Bei ihrer Internetrecherche stieß Michelle schließlich auf den Glaserberuf. Die
Ausbildungsinhalte haben sie sofort angesprochen. Ihr Praktikum bei Glas Kunst Kaschenbach in Trier verlief für beide Seiten so gut, dass sie sich dort ausbilden ließ. Was sie sich vom Berufsbild versprochen hatte, ging in Erfüllung: „Ich liebe Glas, es ist unglaublich vielseitig. Es lässt sich zum Beispiel zuschneiden, bohren, bemalen, schleifen oder sandstrahlen. Bleiverglasung ist auch sehr schön.“ Die Verarbeitung erfordert respektvollen und sorgsamen Umgang. „Man darf keine Angst vor Glas haben“, sagt Michelle. „Bei der Arbeit trage ich Handschuhe und Schutzbrille, zum Beispiel beim Sandstrahlen und Zuschneiden.“
Traumfänger im Gesellenstück verewigt
Die junge Frau zählt begeistert auf, was sich aus Glas alles machen lässt: „Spiegel, Tischplatten, Duschverkleidungen, Isolierverglasung, Ausschnitte für Türen oder sogar Ganzglastüren, Geländerscheiben, Kirchenfenster und vieles mehr.“ Eine Kostprobe der Vielfalt bietet ihr Gesellenstück: eine Stehlampe mit dreiseitiger Bleiverglasung, verankert in Holz aus Nussbaumoptik. Darauf ist sie sehr stolz: „Darin steckt so viel Arbeit. Insgesamt habe ich dafür sieben ganze Arbeitstage gebraucht, allein vier davon für die Bleiverglasung. Aber es hat sich gelohnt. Die Lampe ist superschön geworden!“ Als Motiv hat die begeisterungsfähige und kreative Glaserin in der Lampe einen Traumfänger verewigt. Das Federornament hat sie ins Glas gesandstrahlt: „Diese mattierten Stellen ergeben einen guten Effekt. Denn Federn sind ja leicht, was durch diese Technik gut zum Ausdruck kommt.“
Gleich doppelt ausgezeichnet
Dieser Meinung war auch die Jury des Leistungswettbewerbs im Handwerk, wo Michelle sich mit ihrer Lampe beworben hatte: Ihr Gesellenstück wurde bundesweit als zweit-beste praktische Abschlussarbeit ihres Jahrgangs bewertet. Die aus Trier stammende junge Frau holte sogar noch einen weiteren Titel: Im parallel laufenden Wettbewerb „Die gute Form im Handwerk– Handwerker gestalten“ schaffte sie es bis auf die oberste Stufe des Siegertreppchens!
Spannender Blick in die Zukunft
Nach ihrer Ausbildung wechselte die zweifache Bundessiegerin in einen Luxemburger Betrieb: „Ich möchte mich beruflich weiterentwickeln und auch anderswo die Arbeit kennenlernen. Bei meinem neuen Arbeitgeber habe ich auch neue Aufgaben.“ Neu ist auch ihr Wohnort: Freudenburg. Dorthin ist sie gerade mit ihrem Freund gezogen, einem gelernten Schreiner. Ihr prämiertes Gesellenstück ist ein Blickfang im Wohnzimmer ihrer neuen Wohnung. Michelle wuchs in einem rein weiblich geprägten Haushalt auf. „Wir vier Schwestern sind von einer starken Mutter großgezogen worden. Sie ist sehr stolz auf uns. Über meinen Bundessieg hat sie sich natürlich besonders gefreut.“ Als Dank und Anerkennung hat sie ihrer Mutter einen selbstgemachten Spiegel geschenkt. Eine Fläche davon zeigt ein gesandstrahltes „Pummel-Einhorn“ – ihre Hommage an eine glückliche Kindheit. Heute ist Michelle im Handwerk happy: „Der Glaserberuf ist einfach schön!“
Lieber etwas Praktisches anstatt Studium
Nach dem Abitur wusste Isabel Mayer aus Hockweiler zunächst nicht, welche berufliche Richtung sie einschlagen sollte. An die Uni wollte die junge Frau aus Hockweiler nicht: „Mir hat einfach kein Studiengang richtig zugesagt. Ich wollte auch lieber etwas Praktisches machen, eine Ausbildung, auf der man aufbauen kann“, sagt sie. „Außerdem hatte ich zu viele Negativbeispiele wie Studienabbrecher und -wechsler vor Augen. Daher habe ich lieber gleich auf eine solide Ausbildung gesetzt.“ Erste Einblicke in Bürotätigkeiten erhielt Isabel über Praktika, beispielsweise beim Arbeitgeber ihres Vaters. „Das hat mir bei der Berufsentscheidung sehr geholfen“, sagt die 23-Jährige.
Freiwilliges Ökoligisches Jahr
Um den Übergang von der Schule in den Beruf sinnvoll zu nutzen, machte sie ein zweigeteiltes Freiwilliges Ökologisches Jahr – zum einen beim Naturschutzbund Region Trier, zum anderem in einem Weingut an der Saar. Dabei lag ihr die Büroarbeit beim NABU mehr als das Aushelfen im Weinberg. An die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement in der Handwerkskammer kam sie schließlich über eine Stellenausschreibung der Agentur für Arbeit.
Das Handwerk
Isabel wuchs in einer handwerklich geprägten Familie auf. Ihr Vater arbeitete als Maschinenbaumeister, ein Onkel als Straßenbauer, ein anderer Onkel als Metallbauer, eine Tante ist Schneiderin, der Bruder Maler und Lackierer, ihr Freund Metallbauergeselle. Mit Handwerk konnte sie also schon vor ihrer Ausbildung bei der Kammer einiges verbinden. Dort waren die Aufgaben und Arbeiten noch vielfältiger, als die Abiturientin geahnt hatte. Das gilt auch für den Wirtschaftszweig Handwerk, für den Isabel seit inzwischen vier Jahren im Einsatz ist: „Dass es mehr als 100 Handwerksberufe gibt, wusste ich vor meiner Ausbildung nicht.“
In der Kammer gut aufgehoben
In der Handwerkskammer hat sie sich von Anfang an gut aufgehoben gefühlt. „Die HWK unterstützt ja auch die Ausbildung aller rund 3.000 Handwerkslehrlinge in der Region und hat daher viel Erfahrung“, sagt Isabel. Schließlich war ihre Ausbildung so erfolgreich, dass die frischgebackene Kauffrau beim Bundesleistungswettbewerb auf den zweiten Platz kam. Die Aufgaben zu praktischen Word- und Excel-Anwendungen meisterte sie spielend: „Das ist mir nicht besonders schwer gefallen.“
Dass die Kammer ihren preisgekrönten Nachwuchs übernommen hat, versteht sich von selbst. Isabel arbeitet nicht nur im Büro. Die ausgebildete Kauffrau übernimmt in der Kammer gerne auch Aufgaben jenseits von Schreibtisch und PC. So ist sie zum Beispiel in die Organisation und Abwicklung der ÖKO-Messe oder anderen Veranstaltungen der HWK mit eingespannt. Als Beauftragte für den neuen Instagram-Auftritt der Kammer sammelt sie derzeit Follower und Likes im Handwerk der Region. „Es macht Spaß, die eigene Generation durch Social Media für das Handwerk zu begeistern“, freut sich Isabel.
Nimmt Herausforderungen sportlich
Ihr privater Account verrät, was in ihrer Freizeit eine große Rolle spielt: das Reiten! Was Isabel an Pferden besonders mag: „Sie sind immer für einen da und spiegeln unsere Gefühle wider. Im Umgang mit ihnen sollte man am besten nicht ängstlich sein, denn dieses Gefühl überträgt sich auf die Tiere.“ Isabel reitet seit vielen Jahren und hat ein Pflegepferd, ein polnisches Warmblut. Dreimal in der Woche geht sie in den Stall. Berufliche Herausforderungen nimmt sie ebenfalls sportlich. Deutschlands zweitbeste Kauffrau für Büromanagement freut sich über ihren Erfolg. Den ersten Bundessieg hat sie nur knapp verfehlt. „Und wenn schon!“, winkt Isabel ab. Auch hier bewahrt die Pferdeliebhaberin Haltung: „Schließlich waren alle zuvor ja auch Landessieger, und das ist doch auch schon was!“
Statt Studium...
Seine Lehrer am Max-Plack-Gymnasium in Trier sahen den Drittbesten des Abi-Jahrgangs 2017 schon auf der Uni. „Ein Informatikstudium hätte mich schon interessiert“, sagt Matthias Kremer. Nach einem entsprechendem
Praktikum kam die Einsicht: „Acht Stunden täglich am PC zu arbeiten, ist einfach nicht meine Welt!“ Und die ersten aus dem Kreis seiner Mitschüler hatten ihr Studium schon abgebrochen.
... zuerst eine Ausbildung!
Als potenzieller Nachfolger von Konrad Kremer Bedachungen GmbH & Co. KG in Trier wollte Matthias dem Dachdeckerberuf zumindest eine Chance geben. Und so entschied er sich für eine Ausbildung im elterlichen Betrieb. „Studieren kann ich ja immer noch“, sagt er. „Ich würde es jederzeit wieder so machen.“ Nachdem seine Entscheidung für das Handwerk gefallen war, startete der motivierte Handwerker durch. Mit dem Abi in der Tasche und guten Leistungen „on top“ konnte er seine Dachdeckerlehre von drei Jahren auf anderthalb verkürzen.
Zweitbester Dachdecker Deutschlands
Beim Leistungswettbewerb schnitt er als zweitbester Dachdecker Deutschlands ab. Aufgaben auf Meisterniveau, erheblicher Zeitdruck und knappe Vorbereitungszeit: Matthias hat sich richtig ins Zeug gelegt, um beim Bundeswettbewerb möglichst hoch hinaus zu kommen. „Das war schon eine ordentliche Nummer!“, blickt er auf den Wettkampf zurück. „Ein Schieferdach mit Kehldeckung gehört schon zur Königsdisziplin. Bis dahin hatte ich kaum Erfahrung mit dem Anfertigen von Schieferdächern. Hat mir richtig Spaß gemacht!“
Dachdecker-Olympiade on top
Mit der Silbermedaille qualifizierte er sich für die Dachdecker-Olympiade, die eigentlich vom 27. bis 31. Oktober in Peking stattfinden sollte. Auch wenn die WM wegen der Corona-Pandemie nun verschoben wird: Matthias freut sich auf die 28. IFD-Weltmeisterschaft. „Es ist schon ein cooles Gefühl, Deutschland bei internationalen Wettkämpfen vertreten zu dürfen.“ Er war noch nie in Asien. Als Reiseziel steht der Kontinent aber schon lange auf seiner Wunschliste. Was er sich für die WM vorgenommen hat? „Ich will alles erreichen, was geht! Einen guten Platz rausreißen und am besten aufs oberste Siegertreppchen. Das ist eine große Herausforderung, und ich werde mein Bestes geben!“
In der Region seine Spuren hinterlassen
Schneller, weiter und höher geht es auch vor Ort für ihn weiter: Als Meisterschüler erklimmt Matthias derzeit weitere Sprossen seiner steilen Karriereleiter. Das Dachdeckerhandwerk begeistert den Überflieger nach wie vor: „Immer oben und draußen sein, Arbeit an frischer Luft, durch die Trierer Innenstadt gehen und mit Blick auf manche Dächer stolz denken: Das habe ich gemacht!“ An der Arbeit liebt er auch die Abwechslung und immer neue Herausforderungen: „Innerhalb von zwei Jahren habe ich nicht zweimal dasselbe gemacht!“ Dabei wird der Beruf oft unterschätzt, erzählt Matthias: „Neue Bekanntschaften reagieren zunächst mit Vorbehalten. Wenn sie aber hören, dass ich für Deutschland bei der WM in Peking antrete, verschafft mir das mehr Respekt – ebenso die Tatsache, dass ich Unternehmersohn und angehender Betriebsinhaber bin.“
Macher und Powerpaket in einem
Die Arbeit im Betrieb, die Meisterschule, die Vorbereitung auf die WM in Peking und sein Einsatz als Jugendleiter bei den Messdienern in Trier-Euren und nebenbei noch die Entwicklung von Apps für ein regionales Start-up-Unternehmen in der Automobilbranche: Woher nimmt der Dachdeckergeselle die Energie für so viel Unternehmungen? „Das ist manchmal megaanstrengend, macht aber auch unglaublich viel Spaß. Die regelmäßige Arbeit mit den Jugendlichen zum Beispiel gibt mir sehr viel zurück!“ Aber auch das Tanzen – „Standard, bis letztes Jahr auch Formation“ – empfindet er nicht als Termin obendrauf, sondern als Ausgleich. Matthias ist halt Macher und Powerpaket in einem: „Ich bin ein lebensfroher Typ und brauche Action um mich herum. Zu Hause auf der Couch herumsitzen kann ich nicht so gut.“
Warum Matthias den Dachdecker-Beruf so toll findet und warum er den Weg ins Handwerk empfiehlt, erfahrt Ihr auf unserem YouTube-Kanal.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Simon Lohmer aus Wittlich hat einen relativ unbekannten, unterschätzten Beruf. Der 20-Jährige ist Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer – dazu noch der drittbeste Deutschlands. Eine wichtige Voraussetzung dafür brachte er von vornherein mit: „Schon in jungen Jahren hatte ich sehr viel Spaß am Beruf“, sagt der beim Leistungswettbewerb erfolgreiche Geselle. „Ich bin ein leidenschaftlicher Handwerker und lebe dafür.“ Hilfreich für Simons Karriere ist sicher, dass sein Vater denselben Beruf mit ebensolcher Leidenschaft ausübt. Zudem hat der Senior einen eigenen Betrieb, Lohmer-Isoliertechnik in Osann-Monzel. Dort hat Simon nach dem Realschulabschluss den Beruf mit dem schwergängigen Namen drei Jahre lang erlernt. Kürzer und einfacher: WKS-Isolierer.
Experte für Brandschutz
Ein interessanter Beruf mit Zukunft: Energie sparen, Umwelt schonen, Lärm reduzieren, Leben retten. Simon erledigt entsprechende Dämmarbeiten an Heizungsanlagen, Armaturen, Behältern, Rohren, Fernheizungen und Kälteanlagen, sorgt bei Lärmbelästigungen für Schallschutz. Und zugleich ein verantwortungsvoller Beruf: „Schließlich besteht ein hohes Gefahrenpotenzial, wenn Arbeiten nicht richtig ausgeführt werden. Gerade auch im Hoch- und Tieftemperaturbereich“, sagt Simon. „Man muss richtig Ahnung vom Gewerk haben, um es ausführen zu können. Da ist viel Köpfchen gefragt nach der Devise: Erst denken, dann handeln!“ So können Isolierungen auch die Ursachen und Ausbreitung eines Brandes verhindern.
Der Isolierer mit den "Flitzefingern"
Simon ist auf die Fachrichtung Technische Isolierung/Brandschutz spezialisiert. „Als WKS-Isolierer muss man Spaß und Interesse am Handwerk haben, zeichnen und Mathe können und eine Vorliebe für Technik haben“, sagt Simon. „Bei der Ausführung von Arbeiten sind viele Details zu beachten. Man sollte wissen, was auf einen zukommt und muss auch schon mal die Finger flitzen lassen können.“ Dass er all das kann, hat er im Bundeswettbewerb gezeigt. Die Aufgabe: Rohrgestelle mit einem Dämmsystem versehen und einer Ummantelung schützen. „Der Wettbewerb war sehr anstrengend und auf hohem Niveau. Die Entscheidungen für die ersten drei Plätze fielen sehr knapp aus. Die Ergebnisse der Konkurrenten lagen nah beieinander“, sagt Simon. „Über den dritten Bundessieg habe ich mich sehr gefreut!“
In die Fußstapfen des Vaters treten
Seinen Plan für die Zukunft hat er schon in der Tasche: die Nachfolge seines Vaters antreten und den Betrieb übernehmen. Vorher eventuell ein Studium, Richtung Brandschutz oder Bautechnik. Derzeit besucht der erfolgreiche Geselle die Meisterschule und freut sich schon auf seinen Einsatz als Meister. „Wer den Beruf erlernt, liebt ihn. Besonders auch diejenigen, die sich zum Meister weiterbilden.“ Beruflich geht Simon seine Aufgaben ruhig und umsichtig an. Privat sei er „eher ein lustiger und spontaner Typ“, sagt er über sich, „interessiert, wissbegierig und technikbegeistert. Ich sehe die Welt aber auch gerne mit Humor.“ Isolierer Simon ist also weder Technikfreak noch Nerd, sondern gesellig und unternehmenslustig: Freunde treffen, in die Natur, ins Fitnessstudio oder seine in Aachen Maschinenbau studierende Schwester besuchen.
Keine Spur von Langeweile!
Eignungstest als Volltreffer
Schon als Kind nähte Janine Faulhaber gerne Kissenbezüge mit ihrer Mutter. Ihr Vater ist Zimmerer, ihre Tante gelernte Herrenschneiderin. Für Janine war immer klar, dass sie ins Handwerk gehen würde. Nach dem Realschulabschluss wusste sie aber noch nicht, welches am besten zu ihr passt. Laut Eignungstest bei der Agentur für Arbeit kam Raumausstatterin in Frage. Von diesem Beruf hatte die junge Frau aus Trassem zuvor noch nie gehört. Ein Praktikum bei Ingo Peifer Raumausstatter in Konz erwies sich als Volltreffer und mündete in einen Lehrvertrag.
Drittbeste Raumausstatterin Deutschlands
Drei Jahre später qualifizierte Janine sich mit ihrem Gesellenstück zum Thema „Tanzschule“ für den Leistungswettbewerb und schaffte es bis in den Bundesvergleich. „Ein Wettkampf auf superhohem Niveau“, blickt sie zurück. „Gegen ein Dutzend hochkarätiger Konkurrenten anzutreten, hat mich eher angespornt als abgeschreckt.“ Die Aufgabe: Besatz an Gardinen nähen, zwei Dekoschals links und rechts, seitlich und unten Stoff angelegt, montieren, dekorieren. Auch diese Herausforderung meisterte sie mit Bravour – Platz drei! „Der Wettkampf war eine schöne Erfahrung. Ich bin froh, dass ich so weit gekommen bin!“, sagt die 20-Jährige, die sich als „ehrgeizig und immer positiv eingestellt“ beschreibt.
"Einblicke in andere Welten"
Kunden beraten, Gardinen nähen, montieren und dekorieren, Polstern und Aufpolstern, Stühle, Sessel und Sofas neu beziehen, Teppiche oder Designbeläge verlegen – das und noch viel mehr findet Janine am Beruf Raumausstatter toll. Besonders schätzt sie die Abwechslung und Kreativität, die das Handwerk bietet: „Es macht mich zufrieden, wenn ich Kunden glücklich machen kann. Und es ist schön, dass ich am Tagesende auf mein Werk zurückschauen kann.“ Auch fasziniert es sie, immer wieder Einblicke in andere Welten zu bekommen – nicht nur beim Kunden daheim. So war sie schon in Paris zur Präsentation von neuen Stoffkollektionen. „Das war eine tolle Erfahrung. Auch das französische Flair habe ich sehr genossen.“
Flamingos auf dem Ohrensessel
Von den Möglichkeiten der individuellen Maßanfertigung ist Janine immer wieder begeistert: „Wir stellen ausschließlich Unikate her. Jeder Kunde ist anders, jedes Haus auch. Ob Tischdecke, Kissen, Sofa – alles Maßarbeit, nichts von der Stange.“ Türkisfarbener Stoff mit Flamingos für einen alten Ohrensessel? Fünfzigerjahre-Sessel mit verrückten Mustern? „Das ist bei uns ganz normal. Aufträge wie diese haben wir ständig!“ Derzeit seien Leoprints, Dschungel- und Afrikamotive besonders angesagt. Schließlich sind Raumausstatter ideale Partner, wenn es um individuellen Wohnstil geht.
Am liebsten helle Seidengardinen
Sie selbst mag es lieber klassisch. Wenn sie einen Wunsch frei hätte, würde sie sich Gardinen nähen: „Bodenlang aus Seide in einer hellen Farbe. Schön drappiert, mit einem tollen Faltenband und seitlicher Raffquaste. Das würde mir gefallen.“ Sie kann aber auch die Geschmäcker ihrer Kunden gut einschätzen. „Das gehört ebenso zum Beruf wie Gefühl für Formen und Farben, räumliches Denkvermögen und genaues Arbeiten.“ Dass sie all das mitbringt, hat die dritte Bundessiegerin nicht zuletzt durch eine weitere Auszeichnung bewiesen: den dritten Platz im Wettbewerb „Die gute Form im Handwerk – Handwerker gestalten.“ Dieser Vergleich lief parallel zum Leistungswettbewerb.
Improvisationstalent