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Marco Rothbrust Fotografie

DigitalisierungLernsnacks, Videos, Apps & Co: Handwerk digital lehren und erleben

Medienpädagoge Lucas Janster entwickelt innovative Tools für die ÜLU

Digitales Lehren und Lernen ist auch im Handwerk auf dem Vormarsch. In Campus Handwerk ist diese zeitgemäße Art der Wissensvermittlung bereits Realität. Projektmitarbeiter Lucas Janster hilft Ausbildungsmeistern und Dozenten dabei, neue Lehrmethoden zu entwickeln und anzuwenden. Im Interview mit dem Deutschen Handwerksblatt 7/8 2023 spricht er über seine Arbeit als Medienpädagoge in der HWK und die neuen Unterrichtsmethoden.

DHB: Herr Janster, die HWK Trier bietet Ausbildenden Unterstützung bei der digitalen Wissensvermittlung im Handwerk. Wie kam es dazu und worum geht es dabei?

Janster: Ermöglicht wurde dieser innovative Ansatz des Unterrichtes in unserem modernen Ausbildungszentrum Campus Handwerk durch ein Projekt, das vom Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz gefördert wird.*

Es zielt unter anderem darauf ab, interessierte Ausbildende und Dozierende dabei zu unterstützen, ihre Unterrichtsmethoden durch Digitalisierung zu optimieren. Als Medienpädagoge vermittele ich ihnen in Seminaren und Einzelcoachings das entsprechende Know-how. Beispielsweise zeige ich ihnen, wie sie eigenständig Lernvideos aufnehmen und zu Unterrichtszwecken einsetzen können. Denn nicht jeder oder jede ist darin geübt, Lehrvideos zu drehen oder ein interaktives Lernquiz zu produzieren. In Zukunft sollen die Lehrenden dazu aber auch ohne meine Unterstützung in der Lage sein. Ich erstelle außerdem Leitfäden, an denen sie sich orientieren können. Den Videoschnitt und das Einsprechen der Texte übernimmt dann allerdings ein externer Dienstleister.

DHB: Digitalisierung entwickelt sich ja fortlaufend weiter. 

Janster: Richtig, laufend kommen neue digitale Lernformate hinzu. Damit die Lehrenden sich also nicht ständig mit neuen Schulungswerkzeugen und Lernmethoden auseinandersetzen müssen, nehme ich ihnen diese Arbeit ab. Ich arbeite sie ein und helfe ihnen dabei, die innovativen Tools im Unterricht zeitnah einsetzen zu können. Für die Lehrkräfte bedeutet das langfristig eine Entlastung. So haben sie etwa mehr Zeit für lernschwächere Teilnehmer – die ihrerseits von digitalen Lehr- und Lernformaten besonders profitieren können. Diese Lehrlinge erhalten dank digitaler Wissensvermittlung die Möglichkeit, beim Lernen besser mitzuhalten. Nicht zuletzt kommen sogar Informationen, die dem Handwerksnachwuchs wenig spannend erscheinen, in digitaler Form besser an. Unsere Haus- und Lehrgangsordnung zum Beispiel: Dazu haben die Ausbildungsmeister im Campus Bau in Kenn mit meiner Unterstützung kürzlich ein Video aus der Perspektive der Teilnehmer produziert.

DHB: Hat der herkömmliche Unterricht damit bald ausgedient?

Janster: Die neue Technik ersetzt nicht die Schulung durch den Menschen, sondern ergänzt sie. Zum einen unterstützt und entlastet sie die Lehrkräfte, zum anderen erleichtert sie Azubis das Lernen. Denn Spaß am Lernen erhöht die Motivation. Für viele Jugendliche ist Lernen mit Anstrengung, Konzentrationsproblemen und Überwindung verbunden. Wer Freude am Lernen hat, ist konzentrierter bei der Sache und motivierter, aktiv zu lernen, Fragen zu stellen und Probleme zu lösen. So kann auch die Generation Z ihr volles Potenzial einbringen und besser verstehen, was sie lernt. Die digitale Kommunikation ist ja ihr Medium. So entwickele ich als Medienpädagoge auf ihre Bedürfnisse abgestellte Lehrkonzepte, stelle Lehrmaterialien und jugendgerechte Empfehlungen für den Unterricht in unseren Werkstätten zusammen. Und helfe dann, wie gesagt, auch beim Einsatz der neuen Tools in unserem Kursen.

DHB: Wie sieht das konkret aus?

Janster: Selbstgedrehte Videos mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen, so wie das heute in Instagram und auf Youtube üblich ist, kommen im Unterricht bereits zum Einsatz. Wer in der ÜLU beispielsweise die Verdrahtung einer Abzweigdose erlernt, kann sich die verschiedenen Arbeitsschritte im Lernvideo später nochmal ansehen – egal, wann, wo und wie oft. Das ist wirklich praktisch. Sie können ihren eigenen Lernfortschritt kontrollieren, in ihrem eigenen Tempo arbeiten und sich durch die individuelle Wiederholung einzelner Arbeitsabläufe auf Bereiche konzentrieren, die sie für wichtig halten. Solche Lernvideos fördern also die Autonomie der Lernenden. Unsere Maler, Tischler, Friseure, Metallbauer und Maurer etwa setzen schon sehr erfolgreich diese Lernvideos ein, die manuelles Arbeiten an Maschinen und Anlagen unterstützen. Gemeinsam mit den Ausbildungsmeistern erarbeitete ich auch spielerische Formate. Dazu gehören etwa Learning Snacks, quasi Lernen in kleinen Häppchen. Sie sind bei unseren Teilnehmern besonders beliebt.

DHB: Ist virtuelles und digitales Lernen in der HWK Trier also schon an der Tagesordnung?

Janster: Wir stehen erst am Anfang, sind aber schon mittendrin! Mehr als 25 Lehrvideos haben wir bereits produziert. Die Marke von 50 wollen wir in diesem Jahr noch knacken. Nach wir vor unterrichten wir aber überwiegend Face-to-Face. Aber auch da setzen wir schon seit längerer Zeit auf Digitalisierung, zum Beispiel auf interaktive Displays statt herkömmliche Tafeln. Was man nicht vergessen darf: Virtuelles und digitales Lehren und Lernen eignet sich für viele, aber nicht für alle Situationen und Lernziele. Praktische Erfahrungen und persönliche Betreuung gehören ja zu den Stärken des Handwerks und sind daher unerlässlich. Je nach Lehrsituation werden dann digitale Medien über QR-Codes, Gamification-Apps oder eben Lernvideos nach Bedarf in den Unterricht eingebaut. Diese kreativen Methoden und digitalen Präsentationsformen erleichtern den Auszubildenden das Lernen.

DHB: Das klingt alles andere als altmodisch und verstaubt – was dem Handwerk ja leider oft nachgesagt wird.

Janster: Virtuell in die Welt des Handwerks einzutauchen und diese Vorgänge auf dem Bildschirm darzustellen, ermöglicht megaspannende Einblicke, was heutzutage im Handwerk alles möglich ist. Die neuen Bildungsformate sind daher super dafür geeignet, das Image des Handwerks aufzupolieren. Der Einsatz digitaler Tools und Medien wertet auch die Berufsorientierung enorm auf. Nicht zuletzt haben wir begonnen, ausgestattet mit digitalen Tools wie der VR-Brille, auf Messen und in Schulen zu gehen, um dort virtuell ins Handwerk einzutauchen. Auch  können unsere Werkstätten am Campus Handwerk mit der VR-Brille digital besichtigt werden, ohne dabei vor Ort sein zu müssen. Neue Technologien wie Virtual Reality oder selbstproduzierte Lehrvideos, die sich direkt auf dem Smartphone abspielen lassen, können als moderne Medien dazu beitragen, Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Und das müssen wir für unsere Nachwuchsarbeit unbedingt nutzen!

Mehr über das Projekt erfahren Sie hier.



 Kontakt

Janster, Lucas

Lucas Janster

Medienpädagoge

Tel. 0651 207-159

ljanster--at--hwk-trier.de