Betriebe trotzen der Krise - Vollversammlung stellt Weichen für die ZukunftHandwerk weiterhin stabil im Wind
„Das Handwerk steht stabil im Wind“, sagte Kammerpräsident Rudi Müller zum Auftakt der Herbst-Vollversammlung, „auch wenn das Umfeld wegen Corona, Hochwasser, fehlender Fachkräfte, Materialknappheit und Preissprüngen im Einkauf schwierig ist“. Die sehr guten Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage würden jedoch für vielfaches Engagement sprechen: „Die Zukunftstrends werden erkannt“, sagte er. „Die Energiewende, neue Führungsmethoden, die Digitalisierung in der Produktion, in der Verwaltung und vor allem im Kontakt mit den Kunden: Hier kommen wir endlich voran.“ Es bliebe aber noch vieles zu tun, betonte Müller, „vor allem Fachkräfte und Lehrlinge zu finden.“
„Die Zahl der Lehrverhältnisse hat sich erfreulich entwickelt“, betonte Hauptgeschäftsführer Axel Bettendorf. In diesem Jahr gibt es knapp acht Prozent mehr neue Lehrlinge im Handwerk als 2020. Gegenüber dem Jahr vor der Pandemie verbleibt immer noch eine Steigerung von einem Prozent. „Damit liegt die Handwerkskammer Trier über dem Bundesschnitt und über dem Ergebnis der Schwesterkammern in Rheinland-Pfalz“, sagte Bettendorf. „Hier hat die Handwerkerfamilie einen sehr guten Job gemacht!“
Zugelegt hat insbesondere der Baubereich. Die Zahl neuer Fliesenleger-Azubis hat sich gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. Sie werden nun am Standort in Trier-Nord unterrichtet, weil der Platz im Kenner Bauhof nicht mehr ausreichte. Zur überbetrieblichen Ausbildung der Zimmerer und Fliesenleger hat die Kammer in beiden Gewerken zusätzlich einen Meister eingestellt. Die Kehrseite: Viele Ausbildungsplätze bleiben nach wie vor offen. Bettendorf unterstrich, dass die Kammer mit vielen Projekten und lokalen Partnern bemüht ist, die Ausbildungsplätze passgenau zu besetzen. Er bedauerte, dass die Berufsorientierung im Frühjahr zugunsten pandemiebedingt ausgefallener Kurse der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) gestrichen werden musste. „Wir sind noch dabei, die ausgefallenen ÜLU-Kurse nachzuholen“, erklärte er. „Aus diesem Grund stehen uns für die Berufsorientierung weniger Werkstattplätze als sonst zur Verfügung.“
Neben der Pandemie hat die Hochwasserkatastrophe einigen Handwerksbetrieben stark zugesetzt. Im Kammerbezirk waren Teile in den Kreisen Bitburg-Prüm, Vulkaneifel, Trier-Saarburg und in der Stadt Trier am heftigsten betroffen. Die HWK schätzt die durchschnittliche Schadenssumme auf 400.000 Euro. „Unsere Betriebsberatung hat fast alle vom Hochwasser betroffenen Betriebe, etwa 170, persönlich vor Ort besucht“, sagte Bettendorf. „Etwa zehn Prozent der betroffenen Betriebe erwägen eine Schließung.“ Er lobte die Zusammenarbeit mit dem Land und der landeseigenen Förderbank ISB: Probleme würden schnell gelöst, oft im Sinne der betroffenen Unternehmen. Nach dem Einschreiten der HWK sei das Land nun auch bereit, die Gutachterkosten vollständig zu übernehmen, hob er hervor. Zugleich würdigte er „die vielen Kollegen aus dem Handwerk, die bei der Beseitigung der Schäden geholfen haben und dies in weiten Teilen heute noch tun, teilweise auch ehrenamtlich.“
Um wichtige Weichen für die Zukunft zu stellen, beschloss die Vollversammlung eine Reihe von Regularien. Zum regen Austausch führte der Antrag, im HWK-Vorstand eine Altersgrenze von 63 Jahren zum Zeitpunkt der Wahl einzuführen. Die Deckelung soll verhindern, dass jüngere Generationen durch lange Amtszeiten Alteingesessener bei der Mitbestimmung übersprungen werden. Der Antrag wurde beschlossen, zumal die Möglichkeit erhalten bleibt, bei Bedarf künftig weiterhin den Rat älterer Sachkundiger einzuholen.
Zur Debatte stand zudem die Überlegung, die Kosten für die ÜLU solidarisch auf sämtliche HWK-Mitglieder umzulegen, wie es in einigen Schwesterkammern praktiziert wird. Zum einen würden dadurch Ausbildungsbetriebe entlastet, hieß es. Zum anderen seien schließlich alle Betriebe auf gut ausgebildete Nachwuchskräfte angewiesen. Zudem würde eine für alle tragbare Umlage dazu führen, dass wieder mehr Betriebe ausbilden. Das Thema stand diesmal lediglich zur Diskussion. Die Abstimmung darüber ist zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen.