Jaqueline Schattel
Karl-Heinz Schwall

Zweitausbildung: Jacqueline Schattel als "Lehrling des Monats" ausgezeichnet - Ehemalige Hotelfachfrau fing mit Ende 20 noch einmal von vorne anFaible für Farben und Fahrzeuge

Zwölfstündige Arbeitstage, Wochenend- und Feiertagsdienste, kaum noch Zeit für Freunde oder Familie: Davon hatte Jacqueline Schattel endgültig die Nase voll. Nach elf Jahren Hotelfach wollte die junge Frau sich grundlegend verändern und fing noch einmal von vorne an. Ins kalte Wasser gesprungen war sie bereits 2002. Damals war die 18-Jährige von Bischofswerda (Sachsen) nach Traben-Trarbach umgezogen, um sich zur Hotelfachfrau ausbilden zu lassen. „Im Osten konnte ich leider keine Lehrstelle finden“, sagt die heute fast 31-Jährige. Also bin ich aufgebrochen und habe ich mir mehr als 600 Kilometer von der Heimat entfernt etwas Neues aufgebaut.“
 
Ihr starker Wille kam Jacqueline auch bei der Suche nach einer Zweitlehrstelle zugute. Großes Interesse an Autos und am Malen brachte sie dazu, sich für ein Praktikum bei Fahrzeuglackierereien zu bewerben. Die Autolackiererei Zens in Wittlich sagte zu. Danach wollte sie den Beruf von der Pieke auf erlernen und schrieb Bewerbungen. Ihre neue Heimat mochte sie aber nicht aufgeben: „Ohne vernünftigen Grund kriegen mich keine zehn Pferde von hier weg.“ Am Ende ging Jacquelines Plan auf. Ihr heutiger Ausbildungsbetrieb lehnte die Bewerberin zwar zunächst ab, weil er bereits einen Kandidaten im Visier hatte. „Ich bin aber am Ball geblieben und habe jede Woche dort vorbeigeschaut, um zu sehen, ob nicht doch was zu machen ist. Es hat sich gelohnt. Am Ende konnte ich mich durchsetzen und bekam den Ausbildungsplatz.“

Schon bald beginnt ihr drittes Lehrjahr. In ihrem neuen Beruf ist die zielstrebige Handwerkerin angekommen: „Ich versuche immer, mein Bestes zu geben, arbeite selbstständig, ausdauernd und vorausschauend. Mein Perfektionismus, der mir manchmal im Weg steht, kommt mir in meinem neuen Beruf zugute. Denn beim Ausbeulen, Spachteln, Grundieren, Schleifen und Lackieren ist Präzision gefragt.“ Die gelernte Hotelfachfrau kann nicht nur zupacken, sondern auch gut mit Kunden umgehen. Zweiflern nimmt die Auszubildende schnell den Wind aus den Segeln. „Es gibt immer Skeptiker, die Frauen nicht das Gleiche zutrauen wie deren Kollegen. Mit einem offenen und kundenorientierten Auftreten ist das Thema aber schnell vom Tisch. Überhaupt sollten Frauen ihr Licht nicht unter dem Scheffel stellen, sich mehr zutrauen und aufgeschlossener gegenüber so genannten Männerberufen sein“, findet Jacqueline.

Auch in der Berufsschule musste Jacqueline sich Akzeptanz verschaffen. Denn selbst unter den Klassenkameraden fällt sie aus dem Rahmen – als einzige Frau, überdies Jahrgang 1984. Ihr Zeugnis ist ebenso herausragend: elf Fächer, elfmal „sehr gut“. Im Ausbildungsbetrieb ist sie längst anerkannt. Gute Leistungen in der Schule und im Betrieb, aufgeschlossen, zuverlässig und stets gut gelaunt: Chef und Ausbilder der Autolackiererei Zens sind sehr zufrieden mit ihr. Das außergewöhnliche Engagement der angehenden Fahrzeuglackiererin war ausschlaggebend dafür, dass die Handwerkskammer Trier Jacqueline Schattel kürzlich zum Lehrling des Monats ausgezeichnet hat.

Ihr eigenes Auto hat die Auszubildende natürlich selbst lackiert: „Schwarz metallic“, schwärmt Jacqueline, „sieht aus wie neu“. Toll findet sie auch die Airbrush-Technik, mit der sie in Lehrgängen schon erste Versuche unternommen hat. Weitere Gestaltungstechniken und Sonderlackierungen will sie noch erlernen. Glänzend sehen auch ihre Pläne für die Zukunft aus: „Erst den Meistertitel und später eine eigene Lackiererei“.