Überbetriebliche Ausbildung: Michelle Wamich beim Mauern des "Weihnachtsbaums"
Karl-Heinz Schwall
Überbetriebliche Ausbildung: Michelle Wamich beim Mauern des "Weihnachtsbaums"

Allroundtalent Michelle Wamich ist "Lehrling des Monats"Backen, mauern und Autos reparieren

„Ursprünglich wollte ich Abitur machen“, erzählt Michelle Wamich, „hatte dann aber keine Lust mehr auf Schule. Dass ich Büroarbeit langweilig finde, wurde mir nach einem kaufmännischen Praktikum endgültig klar. Viel lieber wollte ich ins Handwerk.“ Der einschlägige Tipp kam von einem befreundeten Maurerlehrling: „Er meinte, das sei vielleicht auch für mich das Richtige. Und auf meinen Realschulabschluss eine Maurerlehre draufzusetzen, konnte ich mir gut vorstellen.“ Michelles Berufsberater hingegen nahm ihren Plan nicht ernst: Eine junge Frau, die auf den Bau will? Um Maurerin zu werden? „Er schlug mir typische Frauenberufe vor, darunter eine Lehre zur Bürokauffrau. Aber das kam für mich nicht in Frage“, erzählt die 21-Jährige heute. „Ich muss handwerklich arbeiten. Damit geht es mir gut!“,

Dieser Weg habe sich früh abgezeichnet, sagt Michelle. Die Eltern hätten es vorhergesehen. Mit ihrem Stiefvater baute sie als Kind begeistert so manches Vogelhäuschen, auch einen Käfig für ihre Chinchillas. Abgesehen vom Büro-Praktikum schnupperte sie später immer wieder in handwerklich-technische Berufe hinein, berichtet die junge Frau aus Hermespand in der Eifel. Sie hospitierte in einer Kfz-Werkstatt, einem Betrieb für Nutzfahrzeuge und einem Betonwerk. Ihren Ausbilder, die Holz & Holz GmbH Massivbau in Feuerscheid, fand sie schließlich über das Internet. Nach dreiwöchiger Probearbeit hatte Michelle einen Ausbildungsvertrag in der Tasche.

Unter den insgesamt sechs Mitarbeitern im Betrieb fühlt sie sich anerkannt und integriert – auch wenn sie als Frau in diesem Beruf wie im Betrieb in der Minderheit ist. „In einem kleinen Unternehmen wird man früher selbständig und lernt innerhalb kurzer Zeit eine ganze Menge. Das ist viel wert“, sagt Michelle. Dennoch empfindet Maurerlehrling Michelle sich nicht als Exotin. „Im Betrieb und in der Berufsschulklasse allein unter Männern zu sein, ist schon in Ordnung“, versichert Michelle und ergänzt: „Es liegt mir, mit ihnen zusammenzuarbeiten.“ Sollte ihr auf dem Bau das Zupacken einmal schwerfallen, überlässt sie das den Kollegen: „Damit habe ich überhaupt kein Problem.“

Michelles erstes Lehrjahr könnte nicht besser laufen. In der Berufsschule ist sie Klassenbeste. In der Praxis zieht sie schon gekonnt Mauern hoch. In der Überbetrieblichen Ausbildung in der Handwerkskammer mauerte sie im Advent einen Tannenbaum nach eigenem Entwurf. Damit das Kunstwerk rechtzeitig fertig wurde, habe sie gerne Überstunden eingelegt, wie sie sagt. Die Auszubildende beschreibt sich als zielstrebig und perfektionistisch: „Was ich mir in den Kopf gesetzt habe, ziehe ich auch durch – am liebsten mit einem gutem Ergebnis.“ Gerade dies sei das Reizvolle am Handwerk: „Mit eigenen Händen etwas Bleibendes und Werthaltiges zu erschaffen, macht sehr zufrieden!“, erklärt Michelle. Aufgrund herausragender Leistungen kürte die Handwerkskammer sie nun zum „Lehrling des Monats“.

Später, sagt Michelle, möchte sie vielleicht eine weitere Ausbildung im handwerklich-technischen Bereich absolvieren. Die Voraussetzungen dazu dürfte die talentierte Auszubildende mitbringen, denn Handwerk, Technik und Maschinen sind offensichtlich ihr Ding. Wenn nötig, bringt Michelle sogar defekte Motorräder wieder in Schuss. Davon profitiert auch ihre Familie. Die Eltern sind ebenfalls zweiradbegeistert und greifen gerne auf Michelles Know-how zurück. Das macht nicht nur die junge Handwerkerin stolz: „Meine Mutter sagt immer, dass ich ein Allroundtalent bin, das kochen, backen, mauern und Autos reparieren kann.“