Lehrling des Monats!Auf einer Kanadareise wurde Paul Schäfer bewusst, dass er ins Fleischerhandwerk gehört. Jetzt zeichnete die HWK den überaus motivierten Azubi zum Lehrling des Monats aus.
Wechselnde Arbeitszeiten und ermüdende Nachtschichten: Nach seiner Ausbildung zum Altenpflegehelfer hatte Paul Schäfer die Nase davon voll. Um Abstand zu nehmen und sich neu zu orientieren, reiste er nach Kanada. „Ich wollte was von der Welt sehen und mal ganz alleine los“, berichtet der junge Mann aus Kues. Nach sechzehn Monaten Work & Travel stand Pauls Entschluss fest: Sein Weg führt ins Handwerk!
Landwirtschaft, Babysitten, hin und wieder Altenpflege: Damit verdiente er seinen Lebensunterhalt in Kanada. Auf einer Farm versorgte er Hühner, Rinder und Pferde, mistete Ställe aus und schlachtete zum ersten Mal. „Die Farmarbeit hat mir gut gefallen. Deshalb habe ich mich entschieden, Fleischer zu werden. Noch von Kanada aus habe ich mich bei drei Metzgereien in meiner Heimatregion für ein Praktikum beworben“, erzählt der heute 24-jährige.
Die Metzgerei Bösen in Piesport staunte nicht schlecht über Pauls Initiativbewerbung und lud ihm ein. „Das war Glücksfall“, sagt Fleischermeister Georg Bösen, „zumal ich seit acht Jahren keinen Lehrling mehr gefunden hatte.“ Heute ist Paul im zweiten Lehrjahr. Sein Chef möchte ihn nicht missen: „Paul lernt sehr schnell und fordert viel Fachwissen ein. Wegen seines angenehmen Auftretens kann er auch gut mit Kunden umgehen. Er steigert sich von Woche zu Woche.“ Dieses Engagement spiegelt sich auch im Zwischenprüfungszeugnis wider. Auf die Note „gut“ ist Paul, der es von der Förder- über die Hauptschule bis zum Realschulabschluss geschafft hat, sehr stolz.
„Ich wollte von Anfang an hinter die Kulissen des Fleischerhandwerks schauen“, sagt er. „Das Image vom fetten Metzger mit blutverschmierter Schürze ist immer noch verbreitet, aber nicht mehr zeitgemäß. Das Schlachten mag viele Menschen abschrecken, gehört aber als Teil eines großen Ganzen dazu. Ich habe damit kein Problem. Wer Fleisch essen will, muss sich bewusst sein, dass dafür Tiere getötet werden.“ Was Paul vom Trend zu veganer Ernährung hält? Was sagt er Menschen, die eine Abneigung gegen Fleisch haben? „Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich jedenfalls habe vor Fleisch noch nie Abscheu gehabt – vielmehr Respekt und Wertschätzung. Tiere sollten keine Konsumware sein“, betont er. „In meinem Ausbildungsbetrieb legen wir Wert auf gute Haltung und kurze Transportwege. Unsere Schweine und Rinder kommen von Höfen aus der Umgebung. Zum Tierwohl gehört, dass sie schnell und ohne Stress sterben. Das wirkt sich positiv auf die Qualität des Fleisches aus.“
Er selbst könnte auf Fleisch nicht verzichten. Dafür mag er Gulasch, Bratwurst, Frikadellen, Fleischwurst & Co. viel zu gerne. „Ich esse täglich Fleisch, aber in Maßen. Wie mit allen anderen Lebensmitteln soll man es aber nicht übertreiben.“ Außerdem gehöre der Umgang und Konsum von Fleisch zum Selbstverständnis eines Metzgers: „Wer Fleischwaren herstellt, sollte davor keine Berührungsängste haben“, findet Paul, der eine Schwester und einen Zwillingsbruder hat und mit seinen Eltern und einer Katze in Kues lebt. „Schließlich bringt es der Beruf mit sich, dass man regelmäßig etwas abschmecken oder auch mal eine Schweinehälfte tragen muss.“
Als Fleischer braucht Paul viel Fachwissen. In seiner Ausbildung lernt er, die Qualität von Fleisch zu beurteilen, es in Teile zu zerlegen und zu Fleisch- und Wurstwaren weiterzuverarbeiten. Sein Know-how kann er auch anwenden, wenn er Kunden informiert und berät. In seiner Ausbildung lernt er, alle Fragen zu Herkunft, Inhaltsstoffen, Zubereitung oder Weiterverarbeitung von Fleisch zu beantworten. Hochwertige Lebensmittel herzustellen und Kunden zufriedenzustellen, findet der Lehrling spannend: „Ein durch Fleischskandale zerstörtes Kundenvertrauen ist schwer wiederherzustellen. Dem muss man mit Kompetenz begegnen, auf die strengen Qualitätskontrollen und den hohen Produktionsstandard hinweisen.“
Paul ist beruflich angekommen. Auch mit seinen Arbeitszeiten ist er zufrieden: „Ich stehe um 4.45 Uhr auf und habe dann alle Zeit der Welt, um mich auf den Arbeitstag vorzubereiten. Meistens habe ich schon um 14.30 Uhr Feierabend und damit noch ganz viel vom Tag.“ Die freie Zeit nutzt er gerne zum Wandern, Spazierengehen, Malen oder Zeichnen. Hin und wieder hilft der ehemalige Altenpflegehelfer auch älteren Menschen dabei, Strümpfe anzuziehen oder einen Verband zu wechseln – aus reiner Gefälligkeit. Ansonsten ist Paul Fleischerlehrling mit Leib und Seele: „Die Arbeit macht mir großen Spaß. Man steht ja jahrzehntelang im Arbeitsleben. Daher ist es für mich äußerst wichtig, einen Beruf zu erlernen, der mich langfristig erfüllt.“